Konfliktanalysen und Ausbau der persönlichen Führungskompetenz durch Modelle aus der Transaktionsanalyse
- 17. Mai 2017 - Coaching, Beratung
Konfliktanalysen und Ausbau der persönlichen Führungskompetenz durch Modelle aus der Transaktionsanalyse
Immer mehr Unternehmen wie zum Beispiel Bahlsen in Hannover setzen bei ihren Führungskräfteentwicklungs-Programmen auf die psychologische Theorie der Transaktionsanalyse (TA). Dieser Artikel gibt einen Einblick in die Ich-Zustände der TA und wie sie im Führungsalltag eingesetzt werden können. Sie dient nicht nur zur Erhöhung der Selbstmanagementkompetenz, sondern wird häufig auch zur Analyse von Konflikten eingesetzt. Dieser Artikel ist interessant für Personalentwickler und Fach- und Führungskräfte, die mehr über den Einsatz der TA als Führungsinstrument wissen möchten.
Was läuft wirklich, wenn etwas schief läuft?
Die Transaktionsanalyse nach Berne (1) ist eine psychologische Theorie der menschlichen Persönlichkeit und eignet sich dafür, zwischenmenschliche Kommunikation besser zu verstehen und auf herausfordernde Situationen angemessen zu reagieren. Diese Modell wird zunehmend im Arbeitsalltag angewendet, insbesondere zur Analyse von Konflikten mit Kollegen, Mitarbeitern, Betriebsrat oder Vorgesetzten. „Was läuft wirklich, wenn etwas schief läuft?“, fragen sich die Autoren Ian Stewart und Vann Joines (2) in ihrem Standardwerk „Die Transaktionsanalyse“.
Mithilfe der TA können verdeckte Kommunikation und unbewusste Beziehungsmuster aufgedeckt werden. Unter der sachlichen Ebene („Wo ist mein blaues Hemd?“) liegt immer auch die Botschaft der psychologische Ebene („Dann sieh doch mal in der Wäsche!“ oder „Ich helfe dir suchen“ oder „Wenn du es immer verschlampst, kann ich dir nicht helfen!“). Beide Botschaften (Frage und Antwort) stehen in der Beziehung zueinander und ergeben die Kommunikation. Die TA hilft deshalb, eingefahrene Mechanismen in der Beziehungsgestaltung zu durchschauen und lösungsorientierte Schritte zu ermöglichen.
"Willst du ein guter Kommunikator sein, dann schau auch in dich selbst hinein!" (Schulz von Thun)
Das Hauptziel der TA ist die Förderung der Autonomie. Das heißt, Menschen dabei zu unterstützen, Verantwortung für sich selbst und ihr Handeln zu übernehmen. Dazu gehört ein hohes Maß an Selbstwahrnehmung und Reflexion. Neben Klarheit und Entschlossenheit eine wichtige Voraussetzung für die Führung von Mitarbeitern.
Die Ich-Zustände der TA sind ein in sich geschlossenes System aus Denken, Fühlen und Handeln, das sich im Verhalten manifestiert hat. Die Einstellung, das Verhalten und die Körpersprache einer Person sind Indizien für den jeweiligen Ich-Zustand. Folgende drei Ich-Zustände finden sich in jeder Person, die Übergänge sind fließend:
Das Kind-Ich ist die Aufzeichnung von inneren Ereignissen (meist Gefühlen), das Eltern-Ich die Aufzeichnung von frühkindlichen äußeren Ereignissen (das frühe Erleben der Bezugspersonen). Wenn ein Kind merkt, dass sein Handeln Einfluss auf seine Umwelt hat und dass es aktiv Entscheidungen treffen kann, beginnt es, aus dem Erwachsenen-Ich heraus zu agieren.
Das Eltern-Ich
Im Ich-Zustand des Eltern-Ichs wird unterschieden nach dem fürsorglichen („Zieh dich warm an, sonst holst du dir eine Erkältung, Schatz.“) und dem kritischen Eltern-Ich („Vergiss nicht wieder deinen Schal!“). Beide Ich-Anteile (kritisches und fürsorgliches Eltern-Ich) können andere Personen abwerten und den Sender der Botschaft in einen Hochstatus versetzen. In der nonverbalen Kommunikation drückt sich dies durch abwertende Gesten aus.
Das Kind-Ich
Der Ich-Zustand des Kind-Ichs wird in der Literatur häufig nach drei Kriterien entschieden: das rebellische Kind („Nein, ich esse meine Suppe nicht!“), das angepasste Kind („Ja Mama, natürlich esse ich meine Suppe“) und das freie Kind („Schau mal, Mama, der Löffel geht nicht in der Suppe unter, so dick ist sie!“). Das rebellische Kind leistet Widerstand („Ich bin gegen alles!“), im Konflikt mit Personen, die aus dem kritischen Eltern-Ich heraus agieren.
In der Praxis finden sich in einer Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehung die Vorgesetzten häufig in einem kritischen Eltern-Ich-Zustand. Sie suchen nach Fehlern und üben häufig Kritik. Lob fällt ihnen schwer; auch sich selbst gegenüber. Trifft ein Mitarbeiter im angepassten Kind-Ich auf einen Vorgesetzten im fürsorglichen Eltern-Ich, kommt es häufig zu einer Ungleichverteilung von Verantwortung: Der Vorgesetzte übernimmt zum Beispiel Aufgaben des Mitarbeiters, weil er sie ihm nicht vollständig oder schnell genug zutraut und es selbst besser erledigen kann. Damit hindert die Führungskraft ihren Mitarbeiter daran, Verantwortung zu übernehmen, sich auszuprobieren, Fehler zu machen und sich weiterzuentwickeln. So kann zwischen dem angepassten Kind-Ich und dem fürsorglichen Eltern-Ich eine komplementäre Wechselwirkung eintreten, die sich auf die Aufgabenverteilung im Team negativ auswirkt. Das Ergebnis: Führungskräfte delegieren weniger und übernehmen mehr Verantwortung, was sie häufig noch mehr belastet und das Team abhängiger von der Leitung macht.
Das Erwachsenen-Ich
Lösungen werden im Hier und Jetzt des Erwachsenen-Ichs gefunden. Im Erwachsenen-Ich ist auch die Lebensposition „Ich bin ok – du bist ok“ verankert, also eine gesunde Grundhaltung zu sich selbst und der eigenen Umwelt, im beruflichen Kontext zur Organisation. Die Rückbesinnung auf die Rolle als Führungskraft in der Organisation hilft, sich im Erwachsenen-Ich zu finden und in schwierigen Gesprächen gelassen und angemessen zu reagieren.
Die Theorie der Antreiber
Die psychologische Theorie der TA kann auch dazu genutzt werden, die fünf Antreiber (unbewusste Ich-Botschaften, die uns sagen, wie man etwas macht) zu erkennen: 'Sei stark'!, 'Streng dich an!', 'Mach's (anderen) recht!', 'Beeil dich!' und 'Sei perfekt!'. Sie gibt Antworten auf die Fragen: "Was treibt mich als Führungs-persönlichkeit an? Welche Führungshistorie bringe ich mit?" und "Wie gehe ich mit meinen Mitarbeitern und deren individuellen Antreibern um?"
Einsatz in der Praxis
Ich biete Ihnen zu diesem Thema einen Antreibertest für Fach- und Führungskräfte mit lösungsorientierte Denkanstößen an. Die Ergebnisse können in Form eines Coachings ausgewertet und besprochen werden. Den Antreibertest setze ich auch in Workshops ein, um die Antreiber für alle sichtbar zu machen, die anderen Teammitglieder besser kennenzulernen und so mehr Verständnis für die jeweiligen Eigenheiten ("Wie ticke ich?", "Wie tickt der andere?") zu entwickeln.
Dazu geben praxisnahe Rollenspiele, in der jeder Teilnehmer einen anderen Ich-Zustand darstellt, Aufschluss darüber, in welchem Ich-Zustand Lösungen zustande kommen oder Konflikte gelöst werden. Mit Kenntnis der eigenen Antreiber und der Ich-Zustände steigt zudem die Bereitschaft, professionell Feedback zu geben und dieses auch anzunehmen. Offene und verdeckte Konflikte können mithilfe der TA sachlich analysiert werden, die entstandenen Emotionen werden wahrgenommen und eingeordnet. Unbewusste Verhaltensmuster werden sichtbar und können bearbeitet werden. Ziel ist die Akzeptanz und Wertschätzung von verschiedenen Persönlichkeitstypen (Diversität).
Transaktionsanalyse zur aktiven Gestaltung einer gemeinsamen Führungskultur
Führungskräfte, die die Transaktionsanalyse als Werkzeug nutzen, können damit bewusst(er) Führen, Verantwortung abgeben, Mitarbeiter zur Wirkung bringen und durch wertschätzende Kommunikation Vertrauen stärken. Durch die Fähigkeit, Ich-Zustände von sich und anderen zu analysieren, bleiben sie in schwierigen Situationen gelassener. Die Kenntnis und der Einsatz der Transaktionsanalyse bei allen Führungskräften innerhalb einer Organisation (auch die Verankerung im Führungsleitbild) schafft zudem einheitliche Führungsstandards, eine gemeinsame Sprachfähigkeit „Ich bin ok – du bist ok“ und unterstützt damit aktiv den Kulturwandel innerhalb einer Organisation.
Autorin: Sabine Strobel ist Führungskräfte-Expertin mit dem Schwerpunkt Transaktionsanalyse mit Sitz in Hannover und Garmisch-Partenkirchen
1 Eric Berne, 1910-1970, USA (1961: Transactional Analysis in Psychotherapie)
2 Ian Stewart, Vann Joines „Die Transaktionsanalyse – Eine Einführung“ (2010)
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